[Rezension] Elena Ferrante: Die Geschichte der getrennten Wege

 Freundinnen sind da, auch wenn man sie nicht sieht….

(Bildquelle: Suhrkamp-Verlag)

Inhalt: Im dritten Band der „Neopolitanischen Saga“ begleiten wir die beiden Freundinnen durch die bewegten 70er Jahre in Italien. Beide sind Mutter geworden, doch während Elena einen wohlhabenden Mann geheiratet und sogar ein Buch herausgegeben hat, hat Lila sich für einen neuen Weg entschieden, der durch den täglichen Kampf um Arbeit und Kind geprägt wird. Die Entfernung zwischen den beiden Freundinnen wird immer größer, nicht nur geographisch…

Meine Meinung: „Die Geschichte der getrennten Wege“ führt die Familien- und Freundinnensaga auf gewohnte Art und Weise weiter. Schnell ist man wieder mitten im Geschehen und kann sich ins Italien der 70er Jahre hineinversetzen. Elena und Lila sind „alte Bekannte“, die sich im Laufe der Jahre weiterentwickeln, wobei dies sehr unterschiedlich geschieht. Dabei ist es immer wieder interessant zu sehen bzw. zu lesen, wie unterschiedlich die beiden jungen Frauen sind – und trotzdem verlieren sie nie ganz den Kontakt zueinander.

Elena ist stets bemüht, es den anderen recht zu machen, deren Achtung zu erhalten. Lila hingegen sind „die anderen“ schon immer egal gewesen, sie ist spontan, tut das, was sie für richtig hält und hält auch mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Nicht immer zu ihrem Vorteil, aber trotzdem – oder wahrscheinlich sogar gerade deshalb – wird sie von vielen Menschen ihrer Umgebung geachtet.

Elena ist eine eher unsichere Frau, die nicht so recht weiß, was sie tun will und tun soll. Lila hingegen geht ihren Weg, auch wenn sie nicht immer sofort weiß, wohin er führt. Dabei gibt es nur wenige Menschen in ihrem Umfeld, auf die sie Rücksicht nimmt.

Das Verhältnis zwischen den Freundinnen ist recht wechselhaft, Elena bewundert Lila einerseits für ihre „gerade“ Art, auch wenn sie längst nicht alles gutheißt, was ihre Freundin tut. Andererseits fürchtet sie oft Lilas ehrliche Meinung, was dazu führt, dass der Kontakt oft nur spärlich und telefonisch aufrechterhalten wird. Dennoch: In der Not muss sich ihre Freundschaft beweisen, was mal mehr, mal weniger gut gelingt…

Die politische Situation spitzt sich in den 70er Jahren immer mehr zu und so lässt es sich nicht vermeiden, dass auch Elena und Lila Stellung beziehen müssen, was ebenfalls zu Spannungen führt und dem Roman bereichert.

Erzählt wird die Geschichte, wie bereits in den ersten beiden Bänden, von Elena und somit aus ihrer Perspektive. Somit fühlt man sich als Leser wirklich hautnah dabei, einbezogen in die Gefühlswelt von Elena. Sie wirkt authentisch, menschlich, mit all ihren Ängsten, Sorgen, Schwächen und Zweifeln – vielleicht macht genau dies einen Teil des Sogs dieser Reihe aus – mir zuindest ergeht es so. Sie hat Ziele, arbeitet darauf hin, um dann festzustellen, dass man nicht alles planen kann und vieles ganz anders kommt, als zunächst gedacht…

Meine Bewertung: 4  Buch-Bubis 

 

Meine Lieblingszitate:

=================================

„Ich fühle mich wie ein Ritter in einem alten Roman, der, nachdem er durch die Welt gezogen ist und unzählige wunderbare Taten vollbracht hat, in seiner funkelnden Rüstung auf einen zerlumpten, unterernährten Hirten trifft, der, ohne dass er seine Weide je verlässt, mit bloßen Händen und außerordentlichem Mut schreckliche Bestien bezwingt und beherrscht.“ S. 213

********************************

„Pass auf mich auf, bis ich eingeschlafen bin. Pass immer auf mich auf, auch wenn du aus Neapel verschwindest. Dann weiß ich, dass du mich siehst, und ich habe keine Angst“.

S. 220

**********************************

„Wir hatten die Verbindung zwischen unseren zwei Geschichten zwar aufrechterhalten, aber nur, weil wir uns einander entzogen hatten. Wir waren abstrakte Wesen füreinander geworden.“ S. 403

***********************************

„Etwas werden. Dieser Begriff hatte es mir schon immer angetan. … Mein Etwas-Werden hatte sich ihrem Fahrwasser vollzogen. Ich musste noch einmal von vorn beginnen etwas zu werden, aber für mich, als erwachsene Frau, außerhalb von ihr.“ S. 445

******************************************************************************

 

Fazit: Im dritten Band der Neapolitanischen Saga rund um die inzwischen jungen Mütter Elena und Lina begleitet man die jungen Frauen in unruhigen politischen Zeiten – mit all ihren Schwächen, Stärken und einer Freundschaft, die selbst nach so langer Zeit, immer wieder für Überraschungen sorgt.

Weitere Informationen zum Buch:Die Geschichte der getrennten Wege“ = Band 3 der Neopolitanischen Saga, Autor: Elena Ferrante, Verlag: Suhrkamp,     ISBN: 978-3518425756, Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag und Lesezeichen, Preis: 24,00 Euro (D)

Chronologie:

Band 1: „Meine geniale Freundin“,

Band 2: „Die Geschichte eines neuen Namens“

Band 3:Die Geschichte der getrennten Wege

Band 4:Die Geschichte des verlorenen Kindes“ – erscheint vorauss. 5.2.18

 

Über BirthesLesezeit

Leseratte "Ü50" . Ich lese so ziemlich alles, was Buchstaben hat, wobei das Genre nebensächlich ist, Hauptsache, Geschichte und Schreibstil sprechen mich an.
Dieser Beitrag wurde unter 4 Buch-Bubis, Familiensaga, Gegenwartsliteratur, Roman abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar